Drogen und Suchtmittel verursachen erhebliche gesundheitliche, soziale und volkswirtschaftliche Probleme: Nach repräsentativen Studien (insbesondere Epidemiologischer Suchtsurvey 2018) rauchen in Deutschland 12 Mio. Menschen, 1,6 Mio. sind alkoholabhängig und Schätzungen legen nahe, dass 2,3 Mio. von Medikamenten abhängig sind. Rund 600.000 Menschen weisen einen problematischen Konsum von Cannabis und anderen illegalen Substanzen auf und gut 500.000 zeigen ein problematisches oder sogar pathologisches Glücks-spielverhalten. Auch eine exzessive Internetnutzung kann zu abhängigem Verhalten führen: Es ist davon auszugehen, dass in Deutschland etwa 560.000 Menschen onlineabhängig sind.
Sucht ist kein Randproblem in der Gesellschaft, sondern betrifft auch in Niedersachsen viele Menschen. Mit dem Begriff Sucht sind nicht nur die Abhängigkeitserkrankungen gemeint, sondern die Gesamtheit von riskanten, missbräuchlichen und abhängigen Verhaltensweisen in Bezug auf legale wie illegale Suchtmittel sowie nichtstoffgebundene Verhaltensweisen wie Glücksspiel und pathologischer Internetgebrauch. Sucht ist häufig mit dramatischen persönlichen Schicksalen verbunden. Sie betrifft beteiligte Familienangehörige ebenso wie Freundinnen und Freunde oder Kolleginnen und Kollegen. Abhängigkeitserkrankungen sind schwere chronische Erkrankungen, die zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und
führenvorzeitiger Sterblichkeit können. Arbeitsausfälle,
undKrankenhausaufenthalte Produktivitätseinbußen sind kostenintensiv und betragen bundesweit ca. 80 Mrd. €.
Ein gut ausgebautes Suchthilfesystem rettet Leben! In Deutschland haben sich die vier ineinandergreifenden Säulen der Suchtpolitik bewährt: Prävention, Beratung und Behandlung, Maßnahmen zur Schadensreduzierung sowie Angebotsreduzierung und Strafverfolgung. In Niedersachsen steht ein wirksames und aus-differenziertes Hilfesystem bereit, welches maßgeblich für die ersten drei Säulen steht. Die 75 vom Land geförderten Beratungsstellen in Niedersachsen erreichten im Jahr 2018 mehr als 45.000 suchtkranke Menschen und deren Angehörige. Das ambulante Suchthilfesystem der Freien Wohlfahrtspflege bietet zahlreiche Angebote von der Prävention über die Beratung, Motivation, Behandlung bis zur Nachsorge - Leistungen, die weit über medizinische Belange hinausgehen, um Teilhabe und Erwerbsbezug zu ermöglichen.
Jedoch: Die ambulanten Hilfen für suchtkranke Menschen sind bedroht! Die Suchthilfe ist gravierend unterfinanziert. In Niedersachsen stagniert die Landesfinanzierung in den letzten Jahren weitgehend, während Personal- und Sachkosten ständig steigen. Gerade kleinere Suchthilfeträger laufen Gefahr, ihre Anerkennung als Fachstelle für Sucht und Suchtprävention zu verlieren, weil sie die vorgeschriebenen Stellenanteile von Fachkräften nicht mehr finanzieren können. Es drohen Versorgungsengpässe und eine fortschreitende Einschränkung der dringend benötigten Hilfeangebote.
Die Zuwendungen reichen nicht aus, um in allen Teilen des Landes eine qualitätsgesicherte Versorgung durch die Suchthilfe sicherzustellen. Suchtberatung und Suchthilfe haben eine Brücken-funktion innerhalb des Gesundheitssystems. Suchtberatung trägt nachweislich dazu bei, die Verelendung der Klienten*innen zu verhindern und so die Folgekosten der Suchterkrankung zu verringern. Suchtberatung, in dieser Form angeboten, hat ein Alleinstellungsmerkmal, das nicht von anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen erbracht werden kann, nicht von Ärzt*innen, auch nicht von niedergelassenen Therapeut*innen. Eine gut aufgebaute kommunale Suchthilfe und frühere Hilfen können Leben retten, sie stehen für:
Im Interesse der ganzen Gesellschaft braucht die ambulante Suchthilfe in Niedersachsen eine dauerhaft stabile und kostendeckende Finanzierung. Wir müssen Wege finden! Wir müssen sprechen! Das Land trägt eine Verantwortung.
Hannover, 6. Februar 2020
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